Erziehung zur Selbsterkenntnis
Sathya Sai Baba erklärt die Grundprinzipien des Wissens und weist auf die enge Verbindung zwischen Erziehung und Geisteswissenschaften hin.
ISBN 978-3-924739-55-3
Die VAHINIS sind in digitaler Form auf Englisch kostenlos hier zu finden: open Vahinis
Die deutsche Übersetzung ist als als Buch (Print) beim Sathya Sai Buchzentrum und im Buchhandel erhätlich.
Anmerkung: Es dürfen laut gesetzlicher Vorgabe im deutschen Buchmarkt keine kostenlosen digitalen Bücher, die als gedruckte Version verkauft werden, zur Verfügung gestellt werden. Daher können wir hier nur mit einer Leseprobe dienen.
Leseprobe:
Bildung muß die spirituelle Suche nach dem Absoluten, dem Überselbst
(paramâtman), fördern und sich mit dessen Wesen und Merkmalen beschäftigen.
Sie muß sich als Quelle der Moral erweisen und Grundsätze der Tugend
vertreten. Das ist der sichtbare Beweis echter Bildung (vidyâ). Sie ist die Wurzel
eines jeden Glaubens schlechthin. Sie bereitet den Geist des Menschen für den
Glauben vor, lehrt ihn, daran festzuhalten und lenkt sein Leben in die entsprechenden
Bahnen. Das wird Philosophie genannt.
Philosophie bedeutet Liebe zur Weisheit. Weisheit ist ein Schatz von unermeßlichem
Wert. Bildung ist das unermüdliche Streben nach Weisheit, das sich
durch keine Schwierigkeiten abschrecken läßt. Vidyâ versucht, hinter die äußeren
Erscheinungsformen der Dinge zu schauen und die wirklichen Zusammenhänge,
die alles erklären können, zu entdecken. Die Wahrheit muß intellektuell
verstanden, intuitiv erfaßt und zur Grundlage des Lebens gemacht werden. Das
ist die Aufgabe der Bildung (vidyâ).
Vidyâ bringt Licht in das Leben. Im Westen beschäftigt sich Bildung mehr
mit Ideen und gedanklichen Zusammenhängen, im Osten mehr mit der Wahrheit
und der allumfassenden Wirklichkeit. Das Prinzip, das durch vidyâ gesucht
wird, liegt jenseits der Sinne. Der Mensch ist eine Dreiheit von Körper, Geist
und Seele (âtman). Infolgedessen besteht seine Natur aus drei Wesenszügen: 1.
einer niederen tierischen Natur, 2. einer menschlichen Natur mit Wissen und
Erfahrung, die materielle Welt betreffend, 3. der wirklichen Natur des Menschen,
nämlich der göttlichen Natur der Seele (âtman). Sich dieser dritten Natur
bewußt zu werden und sich in ihr zu festigen - das ist vidyâ.
Der Körper ist eine Maschine, die aus den fünf Elementen Äther, Luft, Feuer,
Wasser und Erde besteht. Gott spielt mit ihr, bleibt aber selbst unsichtbar.
Der Körper ist ein Baum; die Liebe zur Individualität ist die Wurzel; Wünsche
und Verlangen sind die Zweige, die sich ausbreiten; Eigenschaften, Merkmale
und Verhaltensweisen, welche seinem Wesen entsprechen, sind die Blüten;
Freude und Leid sind die Früchte, die er trägt.
Der menschliche Körper ist eine Welt für sich. Blut durchströmt und belebt
jede seiner Zellen. So durchströmt und belebt Gott jedes Atom in der Welt.
Es gibt nur ein Gesetz, das diese Welt lenkt und beschützt: das Gesetz der
Liebe. Freude oder Leid, gute oder schlechte Umstände in einer Nation und einer
Gemeinde werden durch das Handeln der Menschen bestimmt. Das „Schlechte“
hat auch sein „Gutes“. Es dient dazu, aufzuzeigen, was vermieden werden muß.
Es ist nichts für immer schlecht; alles geht bald vorüber. Weder das Gute noch
das Schlechte können als absolute Zustände bezeichnet werden. Durch vidyâ
wird klar, daß das, was man für gut oder schlecht hält, nur Reaktionen des
menschlichen Geistes sind, die durch dessen Verwirrung und Verirrung verursacht
werden.
Man muß in der Lage sein, zwischen etwas Gutem und dem, was besser zu
sein scheint, zu unterscheiden. Wer das nicht kann, wird an dem ersten besten,
das ihm als gut erscheint, festhalten und das übrige abtun. Doch man muß verstehen,
daß das Bessere den Wert des Guten nicht herabsetzt. Ebenso wie Ungerechtigkeit
die Menschen dazu bringt, Gerechtigkeit walten zu lassen, so erweckt
erfahrenes Leid in ihnen Mitgefühl und Hilfsbereitschaft. Leiden ist die unabdingbare
Voraussetzung für Mitleid. Wenn es kein Unrecht und kein Leiden
gäbe, hätte der Mensch ein Herz aus Stein. Wer kein Verständnis für die Not
anderer hat und nicht darauf reagiert, ist wie ein Blinder, der nicht zwischen hell
und dunkel unterscheiden kann. Menschen ohne Unterscheidungsvermögen sind
mit Blindheit geschlagen.
Triebhaftes Verlangen erzeugt Wünsche. Wünsche verursachen Geburt und
Tod. Wenn der Mensch frei von allen Wünschen ist, hat er den Kreislauf von
Geburt und Tod überwunden. Die nächste Geburt ist das Ergebnis unerfüllter
Wünsche in diesem Leben und wird durch sie bestimmt. Jene, die keine Spur von
Verlangen nach materiellen Dingen mehr haben, können das Bewußtsein ihrer
göttlichen Wirklichkeit (âtman) erfahren.
Der Wunsch, Gott zu erkennen, Ihn zu lieben und von Ihm geliebt zu werden,
ist der einzige, der nicht an die Welt bindet. Wenn das Gottesbewußtsein in seiner
ganzen Herrlichkeit erwacht, wird jeder weltliche, sinnliche Wunsch in den
Flammen dieses Bewußtseins zu Asche verbrannt. Sobald das Verlangen aufhört,
wird sich das individuelle Selbst dem universalen Selbst zuwenden und im
höchsten Frieden, d.h. in vollkommener Ausgeglichenheit, seine Erfüllung finden.
Das Selbst muß jede Verbindung mit allem, was Nicht-Selbst ist, abbrechen,
um Unsterblichkeit erlangen zu können.
Eure Gedanken spielen eine wesentliche Rolle bei der Gestaltung eures Lebens.
Deshalb ist es ratsam, die Gedanken zu überwachen und nur die guten
willkommen zu heißen. Der Mensch ist ein Bündel von Gedanken. Bildung
(vidyâ) festigt die guten Gedanken im Geist des Menschen und führt dadurch zur
Erkenntnis des göttlichen Selbst (âtmavidyâ). Ein Stuhl z.B. erweckt in eurem
Geist die Vorstellung einer bestimmten Form, die einen bestimmten Namen hat.
Das Wort „Holz“ ruft diese Vorstellung nicht hervor. Der Wert des Stuhles wird
von der Nützlichkeit bestimmt, die ihr dem Holz in dieser Form beimeßt. Eure
Beziehung zur materiellen Welt muß so sein, daß das Verlangen reduziert und
nicht vermehrt und intensiviert wird.