Ansprachen 2010
Ugadi 16.02.2010
Dieses Land Bhârat war die Geburtsstätte vieler edler Frauen wie Sâvitrî, die ihren verstorbenen Ehemann ins Leben zurückbrachte; Candramatî, die ein wildes Feuer mit der Kraft der Wahrheit auslöschte; Sita, die ihre Keuschheit bewies, indem sie unversehrt aus dem lodernden Feuer hervorkam, und Damayantî, die einen übel gesinnten Jäger mit der Kraft ihrer Tugend zu Asche reduzierte. Dieses fromme, erhabene Land erlangte Fülle und Wohlstand und wurde zum Lehrer aller Nationen der Welt, aufgrund solch tugendhafter Frauen.
Eine Frau, die nur ihrem Ehemann folgt und glücklich ist, wenn sie ihm dient, wird pativrata (eine tugendhafte Frau) genannt. Aufgrund der Kraft ihrer Tugend konnte Sâvitrî ihren verstorbenen Ehemann Satyavân ins Leben zurückbringen.
Candramatî unterstützte ihren Ehemann Harishchandra vollkommen und in jeder Hinsicht, als er sein gesamtes Königreich in Mildtätigkeit dem Weisen Vishvâmitra übergab und ein Armer wurde, der nicht einmal einen einzigen Paisa besaß. Als der Weise Vishvâmitra, nachdem er Harishchandras Königreich als wohltätige Gabe erhalten hatte, diesen aufforderte, ihm außerdem Dakshina (ein Geldopfer) zu geben, bat Harishchandra ihn, er möge ihm zum Zahlen des Geldopfers etwas Zeit geben. Harishchandra verließ sein Königreich und begab sich, gemeinsam mit seiner Ehefrau und seinem Sohn Lohitasva, nach Kashi (Benares), um Geld zu verdienen, um dem Weisen das Geldopfer zu zahlen. Nachdem er keinen anderen Weg fand, um die geforderte Summe zu zahlen, verkaufte er seine Frau und seinen Sohn an einen Brahmanen. Da sie eine Königin war, hatte Candramatî niemals irgendeine Haushaltsarbeit verrichtet, aber jetzt wurde sie vom Brahmanen angewiesen, die niedrige Arbeit des Geschirrwaschens und Reinigen des Hauses zu verrichten. Harishchandra übernahm die Aufgabe des Verwalters eines Einäscherungsplatzes. Der Besitzer der Einäscherungsstätte teilte ihm die Arbeit zu, Steuer einzusammeln von jenen, die zum Einäscherungsplatz kamen, um die Toten zu verbrennen.
Eines Tages schickte der Brahmane Lohitasva gemeinsam mit anderen Kindern in den Wald, um Darbhagras (Gras, welches für rituelle Verehrungszwecke verwendet wird) zu sammeln. Dort wurde Lohitasva von einer Schlange gebissen und starb. Die anderen Kinder brachten seinen Leichnam zu Candramatî. Da sie erst die Haushaltsarbeit verrichten musste, ehe sie den Leichnam ihres Sohnes zum Einäscherungsplatz bringen konnte, wurde es Nacht, ehe Candramatî die Verbrennungsstätte mit dem Leichnam ihres Sohnes erreichen konnte. Als der Verwalter dieser Stätte, der niemand anderes war als ihr Ehemann Harishchandra, sie aufforderte, die Steuer für die Verbrennung des Körpers ihres Sohnes zu zahlen, sagte sie, sie hätte kein Geld, um die Steuer zu zahlen. Als er das Hochzeitsband (Mangalasûtra) um ihren Nacken sah, erwiderte er: „Wie kannst du behaupten, du besäßest kein Geld? Ich sehe das Hochzeitsband, welches du trägst.“ Als sie das vernahm, dachte Candramatî bei sich: „Nur mein Ehemann, und niemand anderes, ist in der Lage, meine Mangalasûtra zu sehen.“ Daraufhin fragte sie ihn: „Bist du nicht mein Ehemann Harishchandra?“ Harishchandra bejahte, und als er vom Tod ihres einzigen Sohnes erfuhr, war er untröstlich. Dennoch erklärte er ihr, er könne ihr nur gestatten, den Leichnam ihres Sohnes zu verbrennen, wenn sie die Steuer zahlte. Da sie kein Geld hatte, entfernte sie ihre Mangalasûtra, um sie ihm zu geben. Im selben Augenblick manifestierte sich Gott Shiva dort. Er pries Harishchandra für sein striktes Festhalten an der Wahrheit und erklärte ihm, das alles sei ein göttliches Spiel gewesen, um den Menschen in der Welt zu zeigen, dass es in der Welt immer noch einige sehr erhabene Personen gebe, die gewissenhaft der Wahrheit folgten. Er brachte auch ihren verstorbenen Sohn Lohitasva ins Leben zurück. Mittlerweile traf auch Vishvâmitra dort ein. Er gab Harishchandra das Königreich zurück und erklärte ihm, er habe das alles nur getan, um sein Festhalten an der Wahrheit auf die Probe zu stellen. Auf diese Weise demonstrierte Harishchandra die göttliche Qualität der Wahrheit. Wahrheit ist Gott.
Die Menschen suchen nach Gott und fragen: „Wo ist Gott? Wo ist Gott?“ Gott ist überall.
Seine Hände, Füße, Augen, Kopf, Mund und Ohren sind überall. So durchdringt er das gesamte Universum.
Gott hat weder Anfang noch Ende, weder Geburt noch Tod. Der menschliche Körper ist vergänglich und flüchtig wie eine Wasserblase, aber er ist der Wohnsitz Gottes, der ewig ist. Gott ist nicht außerhalb von euch; er ist in euch. Derselbe Atman wohnt allen Lebewesen, inklusive Vögeln, wilden Tieren und Insekten, inne.
Gott hat keine spezifische Form. Brahma, Vishnu und Maheshvara (Shiva) sind nicht voneinander verschieden. Gott manifestiert sich in der Gestalt, in der die Devotees sich auf ihn besinnen. Wenn eine Frau ihren Ehemann als Gott betrachtet, kann sie Gott in ihm realisieren. Mit welchen Empfindungen auch immer ihr an Gott denkt, auf dieselbe Weise wird Gott vor euch erscheinen. Gott nimmt menschliche Gestalt an (daivam mânusharûpena). Alle sind die Verkörperungen Gottes. Also lautet die Antwort auf die Frage: „Wo ist Gott?“: „Gott ist überall.“ Der Atman, der in euch in der Form von Bewusstsein gegenwärtig ist, ist in allen anwesend. Ihr könnt nicht behaupten, Bewusstsein sei hier, aber nicht dort; es ist überall. Gott ist allgegenwärtig. Es besteht keine Notwendigkeit, nach Gott zu suchen, der überall, in allen und an allen Orten gegenwärtig ist. Deshalb ist es sehr leicht, Gott zu erkennen. Versucht zu verstehen, dass alles im Universum von Gott durchdrungen ist. Das Ziel eurer ganzen Bildung besteht darin, Gott zu erfahren, der überall und in jedem Lebewesen gegenwärtig ist. Dieses Ideal zu erreichen, sollte euer Lebensziel sein. Schließt eure Augen und besinnt euch auf die Form Gottes, die euch gefällt. Auf welche Form Gottes ihr euren Sinn auch richtet, Gott wird sich in eben dieser Form vor euch manifestieren. Denkt niemals, Gott befände sich irgendwo an einem fernen Ort, oder er halte sich nur an einem bestimmten Platz und nicht an einem anderen auf. Er ist überall gegenwärtig und durchdringt jedes Atom des Universums.
Heute ist Ugadi, der erste Tag des Monats Caitra (der erste Monat des indischen Kalenders). Ugadi kennzeichnet den Anfang eines neuen Jahres. Tatsächlich bedeutet Ugadi den Beginn einer neuen Ära (Ugadi kommt von Yuga, das bedeutet Zeitalter, A. d. Ü.). Aber nicht Ugadi ist der wahre Beginn einer neuen Ära. Die wirklich neue Ära beginnt dann, wenn der Mensch neue, edle Gedanken hat. Schaut deshalb nach innen und erfahrt Gott, der in eurem Herzen gegenwärtig ist. Das ist die wahre Feier von Ugadi. Erkennt, dass Gott überall anwesend ist. Gott ist Einer, obwohl die Menschen ihn durch viele Namen verehren. Es gibt viele Süßigkeiten wie Gulab Jamun, Mysore Pak, Jilebi usw., aber der Zucker in ihnen allen ist derselbe. Namen und Formen der Menschen mögen sich unterscheiden, aber die Göttlichkeit, die allen innewohnt, ist dieselbe. Die Wahrheit ist eine, aber die Weisen geben ihr verschiedene Namen. Ihr seht das Bild Krishnas, der eine Krone mit einer Pfauenfeder trägt, oder das Bild Shivas, der mit einem dritten Auge dargestellt wird. Aber dies sind bloße Abbilder Gottes. Gott hat keine Form. Er ist jenseits aller Namen und Formen. Begrenzt Gott deshalb nicht auf irgendeinen Namen und irgendeine Form. Hegt nicht die falsche Vorstellung, Gott befände sich nur an diesem oder jenem Ort. Von diesem heiligen Tag Ugadi an, solltet ihr Gott in jedem wahrnehmen. Wem ihr auch begegnet, erweist ihm euren Gruß und betrachtet ihn als die Verkörperung Gottes. Das ist wahre Meditation. Gott ist in euch; ihr selbst seid Gott. Wohin wollt ihr euch dann auf die Suche nach Gott begeben? Geht irgendjemand nach draußen, um nach sich selbst zu suchen? Wenn ihr selber Gott seid, wie kann es dann noch einen weiteren Gott geben? Wendet eure Sicht nach innen und seht Gott in euch.
Wenn ihr sagt: „Dies ist mein Körper“, wer ist dann dieses „Mein“? Wie ersichtlich, seid ihr und der Körper etwas Verschiedenes. Erkennt diese Wahrheit. Das ist wahre Hingabe.
(Bhagavan rief einen Jungen zu sich und fragte ihn: „Woher kommst du?“ Als der Junge antwortete, er wäre von Mumbai gekommen, erwiderte Bhagavan:) Dein Körper, und nicht du, ist in Wirklichkeit von Mumbai gekommen. Erkenne die Wahrheit: „Ich bin ich.“ Wenn du behauptest: „Ich bin soundso“, was besagt das? Deinen Namen haben dir deine Eltern gegeben. Du wurdest nicht mit diesem Namen geboren. Glaube nicht, dein Körper sei dauerhaft. Der physische Körper währt nur eine begrenzte Zeitperiode. Letztlich muss er vergehen. (Swami rief einen anderen Jungen herbei und fragte ihn: „Was willst du?“ Der Junge antwortete: „Swami, ich will dich, ich will deine Liebe. Sei immer bei uns, Swami.“ Daraufhin erwiderte Swami:) Ich bin immer bei euch. Ihr alle gehört zu mir. Wann immer ihr euch in eurem Herzen auf mich besinnt, werde ich mich vor euch manifestieren. Heute ist Neujahr. Seid glücklich.
Aus Bhagavans Ugadiansprache in der Sai Kulwant Halle, Prashanti Nilayam.
Übersetzung der vom Sri Sathya Sai Sadhana Trust, Publications Division, herausgegebenen gedruckten englischen Fassung der Ansprache. Susan Boenke, Prashanti Nilayam.
© by Sathya Sai Vereinigung Deutschland, e.V.
Ansprache am 18.05.2010
Erkennt, dass ihr und ich eins sind.
Ein jeder fürchtet sich vor Yama, dem Gott des Todes. Er wandert in jedem Winkel der Welt umher und nimmt das Lebensprinzip von jenen hinweg, deren Lebensreise auf Erden zu Ende kommt.
Keuschheit verleiht Frauen ungeheuere Kraft
Als Yama das Leben von Sâvitrîs Ehemann Satyavân nahm, war Sâvitrî schmerzerfüllt, und sie betete zu Yama, er möge ihren Ehemann ins Leben zurückbringen. Sie verkündete: „Entweder gibst du mir das Leben meines Ehemannes zurück, oder aber du nimmst auch mein Leben. Ich kann ohne meinen Ehemann nicht leben; wir sind eins.“ Als Yama, nachdem er das Leben ihres Ehemannes genommen hatte, weggehen wollte, versperrte Sâvitrî ihm den Weg und erlaubte ihm nicht, weiterzugehen. Yama hatte keine andere Wahl, als ihr Gebet anzuhören. Er fragte sie: „Mutter! Was wünscht du?“ „Gib mir meinen Ehemann zurück, denn es ist mir nicht möglich, ohne ihn zu leben“, gab Sâvitrî zur Antwort. Schließlich musste Yama ihr Gebet erhören, und er erweckte Satyavân zum Leben. Yama brachte nicht nur Satyavân ins Leben zurück, sondern er gewährte außerdem beiden, Sâvitrî und Satyavân, viele Gunstbeweise, so glücklich war er über die Keuschheit und Entschiedenheit Sâvitrîs. Aufgrund der Kraft ihrer Keuschheit und Tugend konnte Sâvitrî ihren verstorbenen Ehemann ins Leben zurückbringen.
Candramatî war eine weitere herausragende Frau des heiligen Landes Bhârat, die der Welt ein leuchtendes Beispiel an Tugendhaftigkeit setzte. Als sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Harishcandra und ihrem Sohn einen Wald durchquerte, wurde dieser Wald plötzlich von einem unbändigen Feuer verschlungen, welches ihr Leben bedrohte. Da betete Candramatî: „Wenn ich wahrhaft eine keusche Frau bin und mein ganzes Leben lang an Dharma festgehalten habe, dann lass dieses ungestüme Feuer ausgelöscht sein.“ Und siehe da, das Feuer war im Nu ausgelöscht, und der ganze Wald wurde ruhig und still. So groß ist die Kraft der Askese und Keuschheit einer tugendhaften Frau! Aber Candramatî war immer bescheiden und drückte Gott ihre Dankbarkeit aus mit den Worten: „Aufgrund von Gottes Gnade war es mir möglich, das Dharma einer tugendhaften Frau aufrechtzuerhalten.“ Sie folgte immer ihrem Ehemann und konnte die Trennung von ihm niemals, auch nur einen Augenblick lang, ertragen. Das ist das Kennzeichen einer tugendhaften Frau. Beide, Ehemann und Ehefrau, sollten ihr ganzes Leben lang gemeinsam in Harmonie leben. (An dieser Stelle erzählte Bhagavan die Geschichte von König Harishcandra und seiner tugendhaften Frau Candramatî, die, obwohl sie durch unsägliches Leid ging, die Tugenden der Wahrheit und Rechtschaffenheit bewahrte, und ein leuchtendes Beispiel für ein tugendhaftes Leben setzte.)
Dieses Land Bhârat war die Geburtsstätte vieler edler Frauen, wie Damayantî, die einen übel gesinnten Jäger mit der Kraft ihrer Tugend zu Asche reduzierte; und Sita, die ihre Keuschheit bewies, indem sie unversehrt aus dem lodernden Feuer hervorkam.
Das Leben findet seine Erfüllung, wenn Ehemann und Ehefrau in Einheit leben.
Als Sita der Feuerprobe unterworfen wurde, manifestierte sich der Gott des Feuers selbst aus dem Feuer und erklärte Rama: „Sita ist eine sehr tugendhafte Frau.“ Es gab viele tugendhafte Frauen in dem heiligen Land Bhârat, wie Sita, Candramatî, Damayantî und Sâvitrî. Die Leute fürchten Yama, den Gott des Todes, aber Yama fürchtet sich vor tugendhaften Frauen.
So wie Sâvitrî ihren verstorbenen Ehemann durch die Kraft ihrer Keuschheit ins Leben zurückbringen konnte, ebenso konnte auch Sita, mittels der Kraft ihrer Keuschheit, unversehrt aus dem lodernden Feuer hervorkommen. All diese Beispiele tugendhafter Frauen Bhârats setzen das Ideal, dass für eine Frau ihr Ehemann Gott ist. Diese von solch tugendhaften Frauen gesetzten Ideale machten Indien zu einem Weltenlehrer und Führer aller Nationen. In welchem Land der Welt, außer in Bhârat, findet man Beispiele von Frauen, die ihren toten Ehemann ins Leben zurückbrachten? Sogar wenn ihr die ganze Welt durchsucht, ihr könnt solch tugendhafte Frauen nicht finden. Derartig ist die Heiligkeit dieses Landes Bhârat. Aus diesem Grund liebt es Gott, sich in Bhârat zu verkörpern.
So wie Frauen Pativrata Dharma, das Dharma einer tugendhaften Frau, einhalten sollten, ebenso sollten Männer Sativrata Dharma, das Dharma eines vorbildlichen Ehemannes, einhalten. Eine Frau muss eine Pativrata (tugendhafte Frau) sein, und ihr Ehemann ein Sativrata (vorbildlicher Ehemann). Die Ehefrau sollte niemals gegen die Anweisung ihres Ehemannes verstoßen, und entsprechend sollte der Ehemann sich gemäß den Wünschen seiner Ehefrau verhalten und sich mit großer Liebe um sie kümmern. Aber leider gibt es heutzutage nur wenige Männer, die Sativrata Dharma einhalten, obwohl eine große Anzahl Frauen sich an Pativrata Dharma halten. Gott ist erfreut über solche Frauen, die Pativrata Dharma bewahren. Wenn zwischen Ehemann und Ehefrau Einigkeit herrscht, können sie alles erreichen und Erfüllung im Leben finden. Draupadî hatte fünf Ehemänner, die sie als ihre fünf Lebensatem betrachtete. Die Frauen von heute sollten Tugendhaftigkeit bewahren, so wie Sita, Sâvitrî, Draupadî und Damayantî. Es ist das heilige Land Bhârat, in dem ihr eine so große Anzahl tugendhafter Frauen (Pativrata) findet, nirgendwo sonst. Leute, die ein so heiliges Land verlassen und in andere Länder gehen, verschwenden ihr Leben.
Ihr sagt „mein Körper, mein Taschentuch“, usw. Aber wer ist dieses „Mein“? Es ist das Selbst, oder Ich. Ich bedeutet Atman. Ohne den Atman zu verwirklichen, sind alle spirituellen Praktiken wie Yajnas und Yagas (rituelle Opferhandlungen) nutzlos. Ihr sagt, dies gehört mir und das gehört dir. Welchen Nutzen hat das Ausüben irgendeiner spirituellen Praktik, ehe ihr nicht die Empfindungen von Mein und Dein aufgebt? Befreit euch von den engstirnigen Empfindungen von Mein und Dein und erkennt, dass ihr und ich eins sind.
Aus Bhagavans göttlicher Ansprache in der Sai Kulwant Halle, am 18. Mai 2010.
Übersetzung der vom Sri Sathya Sai Sadhana Trust, Publications Division, herausgegebenen gedruckten englischen Fassung der Ansprache. Susan Boenke, Prashanti Nilayam.
© by Sathya Sai Vereinigung Deutschland, e.V.
Convocation, 22.11.2010 (Zusammenkunft der Universitäten)
Studenten, Verkörperungen der Liebe!
Ihr alle wünscht euch, dass Swami wenigstens ein paar Worte spricht. Ihr denkt: „Wie schön wäre es, wenn Swami wenigstens ein paar Minuten lang sprechen würde!“ Ich will jedoch nichts über das gegenwärtige Bildungssystem sagen.
Dieses Land Bharat war die Geburtsstätte vieler edler Frauen wie Savitri, die ihren verstorbenen Ehemann ins Leben zurückholte; Candramati, die ein ungestümes Feuer mit der Kraft der Wahrheit auslöschte; Sita, die ihre Keuschheit bewies, indem sie unversehrt aus dem lodernden Feuer hervorkam und Damayanti, die einen arglistigen Jäger mit der Kraft ihrer Keuschheit zu Asche verbrannte.
Anfangs war Candramati aufgrund des lodernden Waldbrandes von Angst erfüllt. Sie war zusammen mit ihrem Ehemann und Sohn von den Flammen des ungestümen Feuers umgeben. Niemand konnte erklären, warum sie plötzlich von den lodernden Flammen umzingelt wurden. Es war in Wahrheit ein göttliches Spiel. Als Candramati schließlich die Kraft ihrer Wahrhaftigkeit und Keuschheit einsetzte, wurde das Feuer im Nu gelöscht. Als Candramati betete, setzte ein heftiger Regenschauer ein. Auf der einen Seite war das lodernde Feuer, auf der anderen begann ein heftiger Regen, und schließlich war das Feuer vollständig gelöscht.
Auch Savitri besaß die große Kraft der Askese und Tugendhaftigkeit. Sie konnte sogar den Todesgott Yama davon abhalten, das Leben ihres Ehemannes zu nehmen. Sie stritt mit Yama und erklärte ihm: „Das Leben der Ehefrau hängt vom Ehemann ab, und das Leben des Ehemannes von seiner Ehefrau. Der Eine kann ohne den Anderen nicht leben. Wenn du das Leben meines Ehemannes nehmen willst, dann nimm bitte auch mein Leben. Sonst verschone ihn. Wir sind nicht voneinander getrennt. Es ist meine höchste Pflicht, das Leben meines Ehemannes zu schützen.“ Am Ende musste Yama Savitris Ehemann wieder zum Leben erwecken. Gibt es irgendein Land oder irgendein Gebiet in dieser Welt, wo eine Frau wie Savitri zu finden ist, die ihren verstorbenen Ehemann ins Leben zurückholen konnte? Diese göttliche Kraft ist in jedem Menschen verborgen. Der Mensch sollte diese Kraft aus sich selbst hervorbringen, und sie dann nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere nutzen.
In jenen Zeiten betrachtete die Ehefrau ihren Ehemann als ihr Leben selbst und umgekehrt. Aber leider ist es heutzutage anders. Dieses heilige Land Bharat ist von den sieben Meeren umgeben. In diesem Land übten viele Frauen wie Damayanti und Savitri intensive Askese. Sie alle sind Frauen von herausragender Tugend. Aber heutzutage sind solche Frauen von großer Keuschheit und Tugend nicht zu finden.
Diejenige ist eine tugendhafte Frau, Pativrata (pati bedeutet Ehemann, vrata Gelübde, Gelöbnis, Gesetz, Anm. d. Ü.), die ihren Ehemann als ihr Leben selbst betrachtet und sich völlig auf ihn verlässt. Diejenige ist eine Pativrata, die ihrem Ehemann nicht widerspricht. In ihr wird nicht einmal ein kleiner Makel zu finden sein. Sie hat keinerlei selbstsüchtige Wünsche. Alles, was sie tut, dient dem Wohl ihres Ehemannes. Sie würde einen anderen Mann nicht einmal anschauen. Nur eine solche Frau kann eine wahre Pativrata genannt werden. Aber die modernen Frauen folgen ihren Ehemännern nicht. Sie hören nicht auf das, was ihre Ehemänner sagen. Wenn die Ehefrau ihrem Ehemann und der Ehemann der Ehefrau folgt und beide ein harmonisches Leben führen, dann wird das gesamte Land Frieden und Wohlstand erlangen. Aufgrund der Meinungsverschiedenheiten zwischen Ehemann und Ehefrau und der Uneinigkeit in der Familie, ist das Land einem Problem nach dem anderen ausgesetzt. Ehemann und Ehefrau, sollten einander verstehen und sich einander anpassen.
Eine Pativrata, die den Anweisungen ihres Ehemannes strikt folgt, kann alles vollbringen. Sogar wenn sie das Essen ihres Ehemannes mit dem Salzwasser des Ozeans zubereiten würde, würde es sich in süßes Wasser verwandeln. Wenn die Frau der Anweisung ihres Ehemannes gehorcht und der Ehemann die Wünsche seiner Frau erfüllt, ist die Zukunft der Familie gesichert. Wenn sie sich anders verhalten, wird die Familie großem Leid ausgesetzt sein. Ehemann und Ehefrau benehmen sich beide vielleicht anständig, solange sie zu Hause sind, doch sobald sie das Haus verlassen, frönen sie allen Arten von üblen Dingen. Wenn zwischen Ehemann und Ehefrau keine Einheit und Harmonie herrschen, hat es keinen Zweck, spirituelle Übungen wie Mantrenwiederholung (japa), Meditation (dhyana) und dergleichen auszuführen.
Wenn die Ehefrau ihrem Ehemann und der Ehemann seiner Ehefrau folgt, herrscht großes Glück in der Familie. Strebt danach, eine solche Einheit und Harmonie in eurer Familie zu erreichen. Dann wird euer ganzes Leben glücklich und friedvoll werden, frei von jeglicher Sorge. All eure Sorgen sind eure eigene Schöpfung. Sie sind nicht von Gott gegeben. Gott ist nicht an einem fernen Ort. Er wohnt im Menschen. Ihr solltet unerschütterlichen Glauben an diese Wahrheit haben. Dann wird nicht nur der Einzelne, sondern auch die Gesellschaft glücklich sein. Das reine Herz ist der Tempel Gottes. Entwickelt deshalb Liebe in eurem Herzen. Dann werdet ihr alles im Leben erreichen.
Frieden und Glück werden dann in der Familie herrschen, wenn Ehemann und Ehefrau beide dieselben Ansichten teilen. Diejenige ist eine Pativrata, die keinen Gedanken an irgendjemand anderen oder irgendetwas anderes als ihren Ehemann hat. Eine Frau, die ihr Leben mit einem derart entschlossenen Glauben an ihren Ehemann führt, kann in ihrem Leben alles erreichen. Wenn beide verschiedenen Pfaden folgen, können weder Frieden noch Glück in der Familie herrschen.
Ihr solltet eurem Geist nicht erlauben, hierhin und dorthin zu wandern. Ihr solltet ihn völlig auf Gott ausrichten. Die Kontemplation Gottes ist die Grundlage, um Einheit und Harmonie in der Familie zu erreichen. Wenn die Ehefrau zu Gott betet, wird der Ehemann ein guter Mensch werden.
Tugendhafte Frauen von einst wie Sita und Damayanti hatten alleinige Hingabe an ihre Ehemänner. Sita wurde zehn Monate lang in Lanka gefangen gehalten, aber sie schaute nicht einmal in das Gesicht einer männlichen Person. Sie verbrachte all ihre Zeit in der Kontemplation über Rama, während sie unter einem Baum im Ashokahain saß. Sie ging überhaupt nicht von dort weg. Da sie eine so herausragende tugendhafte Frau war, konnte sie ihre Reinheit durch die Feuerprobe beweisen.
Gott ist Einer allein, nicht zwei. Er ist der Bewohner eures Herzens. Wenn ihr ständig an ihn denkt, werdet auch ihr Gott werden. Wem auch immer ihr begegnet, haltet denjenigen für die Verkörperung des Göttlichen. Das ist das Prinzip des Göttlichen. Wenn ihr hingegen den Launen eures Geistes folgt und willkürlich hier und dort herumstreunt, wie könnt ihr dann Gott werden? Wenn ihr auf dem Weg zum College seid, warum solltet ihr hierhin und dorthin schauen und euch in müßigem Klatsch ergehen? Richtet euren Geist auf den Zweck, zu dem ihr gekommen seid. Verrichtet eure Arbeit, ohne unnötige Kontakte zu entwickeln. Kümmert euch um eure Familie. Darin liegt nichts Falsches. Niemand sagt, ihr solltet eure weltlichen Pflichten aufgeben. Lebt in der Welt und erfüllt eure Pflichten. Aber habt immer göttliche Empfindungen.
Viele Menschen besuchen Pilgerorte wie Badrinath, Amarnath, Kedarnath, Bhadrachalam, Tirupati usw., auf der Suche nach Gott. Sie glauben, sie könnten Gott an solchen Plätzen finden. O törichter Mensch! Gott ist nicht irgendwo anders. Tatsächlich seid ihr selber Gott. Gott ist in allen gegenwärtig. Gott ist Einer allein, und er ist gegenwärtig, wo immer ihr nach ihm sucht. Er ist in euch, bei euch, über euch und unter euch. Gott ist jenseits von Geburt und Tod und wohnt jedem Lebewesen in Gestalt des Atman inne. Er ist in allen Menschen vom Kind bis zum alten Mann gegenwärtig. Derselbe Gott ist in einer Ameise, einer Mücke und in allen Vögeln, Tieren und Raubtieren. Bemüht euch deshalb nicht unnötig, indem ihr euch auf die Suche nach Gott begebt.
Wo immer ihr hinschaut, dort ist Gott anwesend. Wen immer ihr seht, Gott ist in ihm. Gott hat keine gesonderte Form. Alle Formen sind Sein. Aus diesem Grund verkünden die Veden: Das kosmische Wesen hat Tausende Köpfe, Augen und Füße.
Wenn ihr euch zur Meditation hinsetzt, wandert euer Geist hierhin und dorthin. Ihr solltet dem Geist das Umherschweifen nicht gestatten, sondern ihn immer ruhig halten. Wenn ihr zum Strand geht, hört ihr, dass die Wellen den Klang Om erzeugen! Wenn ihr euch auf diesen Klang konzentriert, werdet ihr alles vergessen.
Da ihr alle jung seid, will ich einen Punkt besonders hervorheben: Entwickelt weder Feindseligkeit noch Meinungsverschiedenheiten untereinander. Kontroversen führen zu vielen Schwierigkeiten. Manche Menschen heiraten heutzutage nicht einmal, zweimal oder dreimal, sondern sogar viermal. Das ist kein gutes Vorgehen. Seid auf eines ausgerichtet. Selbst wenn euch jemand ärgert, streitet nicht mit ihm. Versteht, dass, ihr in Wirklichkeit euch selbst verletzt, wenn ihr mit anderen streitet. Beherrscht eure Gedanken. Das ist das Kennzeichen einer wahrhaft gebildeten Person. Das wird Educare genannt. Gemeinsam mit Bildung solltet ihr auch Educare haben. Wenn ihr Educare besitzt, werdet ihr alles haben – Gesundheit, Glück, Frieden und Wohlergehen. Ich will, dass ihr das begreift. Alles wird gut für euch werden, wenn ihr euer Herz reinigt. Schlagt wenigstens von heute an den rechten Weg ein. Wenn jemand versucht, euch auf den falschen Weg zu lenken, schenkt ihm keine Aufmerksamkeit. Wenn ein solcher Mensch auf euch zukommt und euch in ein Gespräch verwickeln will, schaut ihm nicht einmal ins Gesicht. Ignoriert ihn einfach und geht weg.
Studenten sollten in allen Angelegenheiten in Einheit leben. Aber heutzutage ist Einheit völlig verschwunden. Stattdessen nimmt Feindseligkeit zu. Wenn ein Student in der Klasse gute Noten bekommt, sind andere Studenten eifersüchtig auf ihn. Das sollte nicht geschehen, denn aus Eifersucht entwickelt sich Abneigung. Es wird weitere Spaltungen geben, wenn Politik Eingang in die Bildungseinrichtungen findet. Deshalb sollten alle Studenten in Einheit und Solidarität leben.
Ihr solltet Einheit erreichen. In der heutigen Jugend gibt es keine Einheit. Zuallererst sollten die Jugendlichen bereit sein, einander zu helfen. Das Ziel von Bildung ist Charakter. Wenn euer Charakter gut ist, könnt ihr im Leben alles erreichen. Ihr mögt denken, ihr habt Goldmedaillen gewonnen, hohe Abschlüsse erlangt und euch einen Namen gemacht. Aber wenn es euch an Charakter mangelt, sind diese Diplome nichts als ein Stück Papier. Es ist für euch von höchster Bedeutung, euren Charakter zu bewahren. Nur ein solcher Mensch ist wahrhaft gebildet.
Als Ravana Sita nach Lanka entführte, ließ Sita den Beutel mit all ihren Juwelen fallen, und dieser landete auf einem Berg. Rama und Lakshmana wurde dieser Beutel auf ihrer Suche nach Sita von Sugriva gezeigt. Rama bat Lakshmana, die Juwelen anzuschauen und zu identifizieren, ob sie Sita gehörten. Da erwiderte Lakshmana: „Bruder! Ich habe nie Sitas Gesicht angeschaut und weiß deshalb nicht, ob dieser Schmuck ihr gehört oder nicht. Ich kann nur die Fußkettchen identifizieren, da ich diese gesehen habe, wenn ich mich jeden Tag zu ihren Füßen verneigte.“
Sita, Rama und Lakshmana lebten nahezu 14 Jahre lang gemeinsam im Wald. Aber Lakshmana schaute kein einziges Mal Sitas Gesicht an. Was für eine reine Person Lakshmana war! Wann immer er mit Sita sprechen musste, tat er es mit gesenktem Haupt. Weil er eine so edle Person war, konnte er den Reichtum der Nähe zu Rama genießen. Als Lakshmana auf dem Schlachtfeld bewusstlos wurde, sagte Rama: „Wenn ich suchte, würde ich vielleicht eine Ehefrau wie Sita finden, nicht aber einen Bruder wie Lakshmana. Ich kann die Trennung von Sita, nicht aber von Lakshmana ertragen“. So stark war das Band der Liebe zwischen Rama und Lakshmana.
Auch die Studenten sollten diese Einheit entwickeln und alle als ihre Brüder und Schwestern betrachten. Alle sind Menschen. Alle sind Kinder Gottes. Deshalb solltet ihr in Einheit leben, und keinerlei Meinungsverschiedenheiten Raum geben. Dies ist meine heutige Botschaft an euch.
Übersetzung der auf der offiziellen Aschramwebsite veröffentlichten Fassung der Ansprache.
Susan Boenke, Prashanti Nilayam.
© by Sathya Sai Vereinigung Deutschland, e.V.