Jnâna Vâhinî

Einübung in die höchste Weisheit. Durch Analyse, Unterscheidung und verstandesmäßiges Nachforschen wird die Überzeugung gefestigt, dass die wahre Natur des „Ich" göttliche Weisheit ist.

ISBN 978-3-924739-96-6


Die VAHINIS sind in digitaler Form auf Englisch kostenlos hier zu finden: open Vahinis

Die deutsche Übersetzung ist als als Buch (Print) beim Sathya Sai Buchzentrum und im Buchhandel erhätlich.
Anmerkung: Es dürfen laut gesetzlicher Vorgabe im deutschen Buchmarkt keine kostenlosen digitalen Bücher, die als gedruckte Version verkauft werden, zur Verfügung gestellt werden. Daher können wir hier nur mit einer Leseprobe dienen.


Leseprobe:

Alle mentalen Bewegungen hören in dem Moment auf, in dem man beginnt, über die Frage: "Wer bin ich?" nachzuforschen. Dies war die spirituelle Disziplin (sâdhana), die Ramana Maharshi erlangte und seinen Schülern lehrte. Es ist zugleich die leichteste aller Übungen. Zuerst muß der Wunsch da sein, sich für das eigene (spirituelle) Wohlergehen einzusetzen (sukhecchâ). Dies führt zum Studium der Bücher über das Göttlich-Absolute (brahman) und seine Prinzipien, zur Suche nach der Gesellschaft guter Menschen, zum Rückzug von Sinnesfreuden und zum Sehnen nach Erlösung. Sogar dem großen vedischen Lehrsatz (mahâvâkya) "aham brahmâsmi" - "Ich bin das Göttlich-Absolute" - haftet eine Spur von Unwissenheit an, da das "Ich" (aham) zwar als wesensgemäß identisch mit dem Göttlichen, aber immer noch als getrennt von Gott betrachtet wird. Dieses "Ich" ist so beständig, daß es nur durch unablässige Meditation über die Bedeutungen des Lehrsatzes "tat tvam asi" - "Das bist du" - und durch die Vertiefung in das alles umfassende göttliche Selbst (âtman) oder Göttlich-Absolute (brahman) verschwinden wird. Dies ist der Zustand der inneren geistigen Erforschung (vicarana oder bhûmika), der auf das Stadium von sukhecchâ folgt.
Diese Methoden ermöglichen es, den Geist sehr schnell auf die Versenkung in das Göttlich-Absolute auszurichten. Jeder Zustand ist eine Stufe auf der Leiter der fortschreitenden Erhebung des Geistes vom Konkreten zum Subtilen und vom Subtilen zum Zustand, der jenseits aller Existenzformen liegt. Dies ist tanunâshî - die Vernichtung der Körperlichkeit -, das letzte Stadium. Die drei eben erwähnten Stufen (sukhecchâ, bhûmika und tanunâshî, Anm.d.Ü.) und die dazugehörigen Disziplinen werden alle Wünsche und Sehnsüchte zerstören, und das Erkennen der Wirklichkeit leuchtet auf. Geist und Gemüt (mind) sind dann vollkommen heilig geworden und von Wahrheit erfüllt. Dies nennt man asamâsakti, den Zustand der Nicht-Bindung oder des Nicht- Kontakts. Anders ausgedrückt: Jeder Kontakt zur äußeren Welt und sogar zur eigenen Vergangenheit ist ausgelöscht. Dem Inneren wie dem Äußeren wird keine Aufmerksamkeit gezollt. Der spirituelle Sucher erreicht abhâva-pratiti, wie dieser Zustand genannt wird. Kein Objekt kann irgendeine Empfindung in seinem Bewußtsein erzeugen (padârthabhâvanâ). Der vollkommene Weise (jnânin) ist immer in die Glückseligkeit des göttlichen Selbst (âtman) eingetaucht. Er hat kein Gewahrsein vom "dreifachen Faden", dem Sehenden, dem Gesehenen und der Sicht. Dies ist turîya, der vierte, der jenseitige Zustand. Manche Menschen sind Tagträumer (jâgrat-svapna): Sie bauen Luftschlösser, planen mit dem Bekannten und dem Unbekannten, dem Gesehenen und dem Ungesehenen. Andere sind überwach (mahâjâgrat): Ihr "Ich"- und "Mein"- Empfinden ist durch viele Geburten hindurch zu tief verwurzelt geworden. Dies sind alles nichts als Erregungen des Bewußtseins (vritti). Weisheit kann nur dann aufkommen, wenn diese Erregungen zerstört sind. Bis dahin kann man, wieviel man auch über Namen und Formen wissen mag, die Wirklichkeit nicht erfassen. Das Enden aller mentalen Erregungen ist das Kennzeichen einer Person, die die Wirklichkeit wahrhaft kennt.
Schau auf die Wolken, die über den Himmel ziehen; nimm wahr, daß sie keine enge, bleibende Beziehung zum Himmel haben, den sie nur wenige Minuten lang verdecken. Solcherart ist die Beziehung zwischen deinem Körper und dir, der du wesensgleich mit dem höchsten Selbst (paramâtman) bist. Der Körper ist nichts als eine vergängliche, vorübergehende Phase, die die Wahrheit verbirgt und verschleiert.
Wie könnte das Verhalten des Körpers - im Zustand des Wachens, Träumens und Schlafens - in irgendeiner Weise das ewige Bewußtsein, das höchste Selbst (paramâtman) beeinflussen?
Was ist mit deinem Schatten? Ist er nicht von dir getrennt? Beeinflussen seine Länge, seine Klarheit oder sein Lauf dich in irgendeiner Weise? Verstehe, daß die Beziehung zwischen deinem Körper und dir dieselbe ist! Wenn du dieses Bündel von Fleisch und Knochen für dich selbst hältst, überlege, was mit ihm geschieht und wie lange du es "mein" nennen kannst. Über dieses Problem nachzusinnen, ist der Beginn von Erkenntnis (jnâna).
Dieser physische Rahmen, entstanden aus Erde, Feuer, Wasser, Luft und Äther, zerbricht in seine Bestandteile, so wie es alle zusammengesetzten Dinge tun. Nur der Unwissende hält ihn für wirklich; nur der Ungebildete mißt ihm dauerhaften und ewigen Wert bei. Existierte dieser Körper vor der Geburt? Dauert er nach dem Tod an? Nein. Er erscheint und verschwindet, mit einem Zwischenzustand des Existierens! Deshalb hat er keinen absoluten Wert; er soll nur wie die Wolke oder der Schatten behandelt werden.
Tatsächlich gleicht diese physische Welt dem Mangobaum, der durch den Zauberstab eines Magiers ins Leben gerufen wurde. Der "Magier", der diese Welt erzeugt, ist unser Denken (mind). So wie Ton die Form von Tasse, Schale und Teller annimmt und nach einiger Zeit wieder zu formlosem Ton wird, so ist all dies formloses Sein-Bewußtsein-Glückseligkeit (sat-cit-ânanda). Es ist das Formlose (nirâkâra), das für einige Zeit, aufgrund der Täuschung und der Unwissenheit des denkenden Geistes, als mit Form (âkâra) erscheint. Einige Dinge sind nützlich, andere nicht, alles aufgrund von Name und Form.
Alle Formen sind ER; alle sind ER. Auch du bist ER, über und jenseits von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Du bist nicht dieser Körper, der an die Zeit gebunden ist, gefangen in den Schlingen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Sei immer in dieser Einstellung verankert. Verweile unablässig in dem Gedanken, daß dein Wesen das höchste Göttlich-Absolute (parabrahman) ist; so wächst du zu einem Weisen (jnânin) heran.
Derjenige Geist (mind) ist in Knechtschaft, der sich nach Gegenständen und der Gesellschaft von Menschen sehnt und eine Örtlichkeit einer anderen vorzieht. Anhaftung ist Bindung, Bindungslosigkeit ist Befreiung (moksha, mukti). Zu verlangen bedeutet, gefangen zu sein, zu sterben. Den Geist von aller Bindung abzuziehen, heißt frei zu sein, ewig zu leben.